Bis jetzt Glück gehabt
Es mag vielleicht weniger Glück als die begrenzte Verbreitung des Blogs sein, aber mir sind bisher trollige, antifeministische oder frauenfeindliche Kommentare erspart geblieben. Ich muss sagen ich beneide die BloggerInnen, die solche Kommentare in ihren Blogs bekommen wirklich nicht.
Warum ich sie nicht beneide hat für mich zwei Gründe. Sobald ich nämlich solche Kommentare in meinem Blog habe stehe ich vor einer für mich ziemlich schweren Entscheidung, vor der Entscheidung entweder zu sagen, dass ich Meinungen die von meiner eigenen abweichen, als Meinungen anerkenne und sie stehen lasse oder ob ich diese Meinungen nicht als Meinungen anerkenne und sie lösche. Vielleicht ist es gut, dass ich noch die Möglichkeit haben darüber nachzudenken bevor ich selbst unter dem Druck der Ereignisse stehe und schnell entscheiden muss, löschen oder nicht löschen.
Dabei würde ich, wenn ich nicht weiter drüber nachdenke und einfach aus dem Bauch entscheiden würde, immer dafür plädieren nicht zu löschen. Immer wieder saß ich in der Situation, dass Einwände oder Meinungen einfach vom Tisch gewischt werden sollten, weil sie nicht in den argumentativen Mainstream passten. Bestimmte Ansichten sollten dann einfach in den Bereich des Unsagbaren verdrängt werden, Ziel dabei war immer die eigene Position – durch Verdrängung von Alternativen – zu festigen. Gerade nach dem Scheitern der realexistierenden Staatssozialismen gehört es ja zum guten Ton jegliche sozialistische Idee oder Kritik in die Schranken der Geschichte zu verweisen.
Da ich den Ärger noch immer recht gut vor Augen habe, den ich selber in solchen Zusammenhängen erlebt habe, habe ich die Angst davor mich der gleichen Mechanismen zu bemächtigen. Zur Freiheit gehört eben auch die Freiheit der Meinung, der Ausdruck der eigenen Gedanken und der Ausdruck des eigenen Unbehagens. Alles freiheitliche Rechte auf die ich mich berufe, wenn ich für meine Ansichten Partei ergreife. Als BlogbetreiberIn stehe ich nun aber in der Verantwortung nötigenfalls zu entscheiden wann diese Freiheit bei mir aufhören soll, für mich eine schwierige Frage.
Beim weiteren Nachdenken drängt sich mir doch die Frage auf, ob es sich überhaupt um Meinungen handelt. An dieser Stelle beziehe ich mich auch konkret auf den Beitrag von Anna bei der Mädchenmannschaft – welcher mir im Übrigen sehr gefallen hat. In ihrem Beitrag macht sie drei Typen von Beiträgen auf, die für Löschung in Betracht kommen. Neben dem ersten Typ, der sich auf das „Auskotzen“ in einem Kommentar beschränkt, gibt es zwei weitere Typen, die wenigstens einen Hauch von Argumentation mitbringen. Beiden ist aber gemein, dass sie versuchen (entweder mit oder ohne Bezug auf den kommentierten Eintrag) eine feministische Perspektive als quatsch abzutun. Feminismus demnach einzig und allein ein Irrtum und kritische Fragen aus einer feministischen Perspektive können getrost ignoriert werden.
Bei der Frage, ob es sich dabei dann noch um eine Meinung handelt oder nicht komme ich dann zu dem Urteil, dass es sich nicht mehr um eine Meinung handelt. Ich schreibe in einem Blog, weil ich Gedanken habe, die ich teilen und zur Diskussion stellen möchte. Dabei möchte ich Kritik nicht nur zulassen, sondern freue mich über Kritik, konstruktive Kritik, Kritik die zumindest versucht meine Argumente nachzuvollziehen. Ein Anspruch, den ich auch an mich selbst stelle, wenn ich Kritik übe – ob das immer gelingt kann ich schlechterdings nicht beurteilen. Mit Kritik, die einfach nur behauptet dass ich im Unrecht bin, meine Kritik jeglicher Grundlage entbehrt, brauche ich nicht. Ich brauche sie nicht weil ich keine anderen Argumente bekomme mit denen ich mich auseinander setzen kann.
Und dann werde ich wohl doch löschen. Denn auch wenn die Kritik zu meinem Beitrag nicht in meinem Blog steht, so wird weitestgehend niemand daran gehindert selbst einen Blog aufzumachen und dort über mich zu ranten.
Der zweite Grund warum ich nicht neidisch bin ist einfach, die miesen Kommentare im RL oder in Blogs anderer reichen mir schon für erhöhten Blutdruck.