Moshpit und Männlichkeit
Nun langsam ist es für mich soweit, dass ich mich auch mal zu Wort melden muss, zu Kuriositäten, die ich so in meinem Alltag in „der Gothic-Szene“ erlebe. So anders und alternativ als die Mehrheitsgesellschaft ist sie scheinbar doch nicht, soviel schon mal vorweg.
Am 13.12. gaben sich Combichrist, mit 1:15 h Konzert für 25 € pro Person (das muss auch mal kritisch angemerkt werden), in der Batschkapp die Ehre. Bisher kannte ich sie nur von zwei Alben und war mir noch unschlüssig ob mich ein gutes Konzert erwartet. Ich muss sagen, dass mich Show und Stimmung überzeugt haben; war ein gutes Konzert.
Noch während des ersten Liedes bildete sich zu meiner Überraschung ein Moshpit. An sich hätte mich das nicht überraschen dürfen, auch nicht die Tatsache, dass es sich direkt vor mir bildete, wie schon so oft. Ist auch an sich kein Problem, ich habe nichts dagegen, dass sich Menschen im Moshpit amüsieren, ich muss ja nicht persönlich mitmachen und kann auch verkraften das ein oder andere mal wen abzubekommen. Aber ein paar Sachen sind mir dann widererwartend deutlich aufgefallen.
Als erstes fiel mir auf, dass im Moshpit etwa drei Frauen waren. Neben den drei Frauen waren in etwa 20 bis 30 Männer dabei. Diese Verteilung deckt sich ziemlich mit den Erfahrungen die ich bisher auf Konzerten gemacht habe, es sind wenn dann nur sehr wenige Frauen dabei. Über Gründe spekuliere ich einfach mal nicht. Bei der Beobachtung des Moshpits beobachte ich also vornehmlich Männer.
Moshen fasse ich an sich als Form des Tanzens auf, bei dem es unter anderem darum geht, sich gegenseitig anzurempeln und wegzustoßen. Das ist wiederum alles nicht gewalttätig-agressiv gemeint, sondern eine Art „freundschaftliches“ Balgen. So wird sich gegenseitig aufgeholfen, wenn jemand fällt und ich habe bis dato nicht erlebt, dass daraus eine Schlägerei geworden ist. An sich eine spielerische aber kraft- und körperbetonte Angelegenheit. Die Männer die sich dann zum Moshpit begaben um mitzumachen oder für eine kurze Pause aus dem Pit gingen, liefen mit einem sehr kraftvollen, gradlinigem Gang; alles in allem ein sehr stark maskuliner Gestus. Dieser zeigte sich zum Teil noch in Kleidungsschnitt und beabsichtigter Haarlosigkeit (wobei ich an der Stelle gleich einräume, dass ich von Glatzen keine Rückschlüsse auf die Person schließe[n möchte]).
Ich stand nun da und schaute mir das Moshpit einige Zeit unter der Perspektive maskuliner Praxen an. Gerade diese Perspektive machte die Angelegenheit ziemlich spannend, da es auf mich den Eindruck machte, dass es im Moshpit (auf spielerische Art und Weise) eine Art Konkurrenz gibt, den jeweils anderen wegzuschubsen und sich damit Platz zu verschaffen. Das alles aber ohne den anderen „besiegen“ zu wollen, sonder als Akt der Demonstration von Stärke (und damit Selbstbehauptung); nicht zuletzt auch durch die Präsentation der eigenen Körpermuskulatur „oben ohne“. Zwischen den Liedern dann immer wieder kurze Phasen der Ruhe und vereinzelte, aber immer wieder auftretende, Blicke der gegenseitigen Anerkennung zwischen den beteiligten Männern. Insgesamt machte es für mich den Eindruck eines großen männlichen Kraft- und Stärkerituals, was sich an modernere Lebenszusammenhänge angepasst hat.
Mir ist aber ein weitere Sache aufgefallen. In zwei Fällen, gab es zum Moshpitbeteiligten eine Freundin, die in der Nähe stand, zu keinem Zeitpunkt mit ins Moshpit ging, aber netterweise mit einem Getränk auf den Liebsten wartet. Die eigene Care-Arbeit-Privatssphäre in der unmittelbaren Nähe zum Moshpit.
Soweit erstmal. Dann hoffe ich auf Kommentare (fast) jeglicher Art.
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